Kaminfeuergespräch mit Herrn Prof. Dr. Bieger

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Führung gestern, heute und morgen

Anfang März durfte der Verein der Offiziere an der Universität St.Gallen den kürzlich abgetretenen Rektor, Herrn Prof. Dr. Thomas Bieger, zum Kaminfeuergespräch begrüssen. Das Referat und der anschliessende offene Austausch thematisierten die Entwicklung militärischer und ziviler Führung über die Zeit, sowie deren Interaktion. Entgegen verbreiteter Annahmen harmonisieren diese Führungstätigkeiten stärker, als dass sie wie eine Welle auf eine Klippe treffen.

von Lt Alessandro Vögeli, Vizepräsident Of@UniSG

Die Führung in der Armee heute…

«Mir nach Marsch», mit der damit verbundenen Befehlstaktik gehört schon länger nicht mehr zum Standardrepertoire des militärischen Führungsunterrichts. Auftragstaktik, Selbstständigkeit und Verantwortung sind die heutigen Schlagwörter. Eine Entwicklung die nicht nur die Armee, sondern auch die Privatwirtschaft erfolgreich umsetzt. Und genau um diese Kompatibilität geht es in der Führungsausbildung der künftigen Kader. Ab dem Beginn der Unteroffiziersschule beginnt der Unterricht mit zivil anerkannten Führungsmodulen. In diesen lernen die Kader sich selbst kennen und einzuschätzen. Die Kommunikation und das Eingehen auf die zu führenden Kameraden nimmt dabei einen nicht zu unterschätzenden Teil ein.

… und die Parallelen zum Zivilen

Eine aussenstehende Person erkennt diese Punkte wahrscheinlich kaum. Doch für militärisch ausgebildete Führungskräfte wirkt vieles vertraut.

Ich erinnere mich an einen der ersten Arbeitstage nach dem Abverdienen, wo ich auf ein Dokument gestossen bin, dass mir seltsam vertraut vorkam. Es handelte sich um ein Info-Dokument für ein Projekt. Doch es war nicht das, was mir ein Lächeln ins Gesicht trieb. Ich hielt einen fünf Punkte Befehl vom Feinsten in den Händen. Strukturiert, klar verständlich und jedem Kader vertraut. Kurz gesagt, ein unbestritten geniales Führungsmittel. Es sollten noch weitere solcher Beispiele folgen. Etwa die Feedbackkultur, welche in der Armee im Unterricht mit den Führungsmodulen vermittelt wird. Eins zu eins dieselbe Struktur wie in vielen zivilen Seminaren gelehrt und in Unternehmen umgesetzt wird.

Prof. Dr. Thomas Bieger im Gespräch mit den Mitgliedern von Of@UniSG

Organisationen werden komplexer und grösser

Im Rahmen eines besonderen Anlasses durften wir den ehemaligen Rektor der Universität St.Gallen, Prof. Dr. Thomas Bieger, bei uns begrüssen. Er gehört als Stabsoffizier a D, Dozent und erfahrener Leiter ziviler Institutionen zum engeren Kreis erfahrener Führungspersonen. Es war sehr spannend bei seinem Referat und der anschliessenden Diskussionsrunde, seine Ansichten und Erfahrungen zum Thema Führung in der Armee und im Zivilen zu hören und kritisch zu besprechen. Unter anderem lobte er die Fähigkeit der Armeekader auch in besonderen Situationen strukturiert, effizient und gelassen zu handeln. Beispielsweise verbildlicht durch die Metapher eines Tankers, welcher analog zu Institutionen vom Kapitän immer auf Kurs gehalten werden muss. Die Hauptschwierigkeit des Kapitäns ist es dabei, die Strömungen zuerkennen und den Tanker bei seinen Manövern nicht zu übersteuern. So können in immer komplexer werdenden Strukturen bereits Anpassungen an kleinen Stellhebeln einen grossen Effekt auf eine Institution – oder eben einen Tanker – bewirken, welche nicht unterschätzt werden sollten.

Mehrwert militärischer Führungsausbildung in zivilen Organisationen

Neben der Tatsache, dass die Mitarbeiter bereits ausgebildete und erfahrene Führungskräfte sind, durchlaufen Armeekader dieselbe Ausbildung, was die harmonische Zusammenarbeit durchaus verbessern kann.

Auch ein elementarer Vorteil von militärisch erfahrenen Führungskräften ist Ihre Fähigkeit, sich schnell in neuen Gegebenheiten zuorientieren und dabei systematisch einen Führungsrhythmus aufzubauen. Insbesondere in Krisensituationen sei dies von höchster Wichtigkeit. Dies sei auch in der aktuellen Lage des Covid-19 (Coronavirus) sehr hilfreich. Das in Führungs- und Stabsarbeit erlernte Wissen aus der Armee dient derzeit sehr wahrscheinlich manch einer Führungsperson bei der Strukturierung der Massnahmen und des weiteren Vorgehens.

Die Of@UniSG-Mitglieder hören konzentriert den Erfahrungen und Ausführungen zu.